Mit Einführung des allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) Anfang 2015 ergab sich für viele Unternehmen die Notwendigkeit die bisherige Vergütungsstruktur zu überprüfen. Es lag nahe, zur Vermeidung von Mehrkosten durch den gesetzlich bestimmten Stundenlohn, bisherige Gratifikationen und Einmalzahlungen zu streichen und eine einheitliche Vergütungsstruktur einzuführen.
War der Königsweg – die einvernehmliche Vertragsänderung – versperrt, blieb nur der Weg einer Änderungskündigung, um die bisherigen Einmalzahlungen wieder zu kassieren.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat nun in mehreren Urteilen die Änderungskündigungen eines Arbeitgebers zur Streichung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes als unwirksam bewertet.
Der Arbeitgeber hatte wegen des ab 1. Januar 2015 maßgeblichen Mindestlohns bisher zusätzlich zu einem Stundenlohn unterhalb des Mindestlohns gezahltes Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen, das laut den zugrunde liegenden Arbeitsverträgen neben dem Stundenlohn eine von der Betriebszugehörigkeit abhängige Sonderzahlung zum Jahresende in Höhe eines halben Monatsentgelts, teilweise mit Kürzungsmöglichkeit im Falle von Krankheitszeiten, sowie ein zusätzliches Urlaubsgeld für die Zeit gewährten Urlaubs und eine Leistungszulage vereinbart.
Durch eine Änderungskündigung sollten diese Leistungen gestrichen und stattdessen ein Stundenlohn in Höhe des Mindestlohns bzw. geringfügig darüber gezahlt werden.
Das zusätzliche Urlaubsgeld diente nach Ansicht des LAG in den vorliegenden Fällen nicht der Bezahlung der Arbeitsleistung im engeren Sinne. Diese könne nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, sondern stehe den Beschäftigten zusätzlich zu.
Eine Änderungskündigung zwecks Streichung dieser Leistungen setze voraus, so das LAG Berlin-Brandenburg, dass andernfalls der Fortbestand des Betriebes mit den vorhandenen Arbeitsplätzen gefährdet sei.
Anders entschied das LAG Berlin-Brandenburg in einem auf Anrechnung einer Leistungszulage gerichteten Verfahren. Diese könne im vorliegenden Fall auf den Mindestlohn angerechnet werden, weil die Leistungszulage auch im engeren Sinn Vergütung für die Arbeitsleistung sei.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.08.2015 – auch zur Anrechnung Leistungszulage – Az. 19 Sa 819/15, siehe Pressemitteilung Nr. 32/15 vom 08.10.2015